Sonntag, 3. April 2016

Traumhänge im Stubai und im Sellrain- mit Tourenski unterwegs Teil 2

Blick von der Amberger Hütte ins Sulztal
Noch den ganzen Abend diskutierten wir über den erlebten Lawinenabgang vom Vortag, grosse Mengen Schnee brachen vom Nordhang des Hinteren Daunkopf ab und füllten die ganze Mulde aus, die wir kurz vorher noch passiert haben. Unvorstellbar, wenn wir da gerade noch abgefahren wären. Doch so hatten wir Glück und die beiden uns nachfolgenden Skifahrer entkamen ebenso, indem sie nach rechts raketenschnell auswichen. So verging der Abend auf der Amberger Hütte  unterhaltsam und nebenbei entdeckten wir neugierig die erlesenen Schnäpse des Hüttenwirts, die man sich unbedingt mal durch den Kopf gehen lassen sollte. 

Anderntags kündigte sich schon das vorhergesagte schlechte Wetter an und bei diesigem Himmel verzichteten wir auf die Gaislehnscharte, deren Zugangsweg brutal steil ausschaute und so gleiteten wir den Fahrweg hinaus nach Gries. Bald wanderten wir also auf dem Wanderweg von Winnebach aus am gleichnamigen Bach entlang, die Ski auf den Schultern, da die Schneeauflage fehlte. Die warmen Sonnentage in diesem Winter machten dem Schnee ganz schön zu schaffen. Einige Kehren später schnallten wir dann wieder die Tourenlatten unter die Füße und schoben sie gleichmäßig hangaufwärts. Anfangs gemütlich, später steiler, rackerten wir uns höher, denn der Harschdeckel ließ die Skier immer wieder abrutschen. Mit dem schweren Rucksack ganz schön heftig im Steilgelände, wenn man im Spagat nach Halt sucht. Es begann zu schneien, die Sicht wurde schlechter und die Markierungen weniger. 
im Steilhang unter der Winnebachseehütte

Das enge Tal gibt vor, wo es langgeht und die Materialseilbahn deutet an, wo die Hütte liegt. Nun lag ein Steilhang vor uns, den es zu überwinden galt. Spuren waren kaum zu erkennen, so versuchten wir, den leichtesten Weg durch den 40 Grad Hang zu finden. Fluchend, rutschend, mal ohne Ski, mal mit Ski an den Füssen kämpften wir uns aufwärts und schlussendlich sahen wir im dichten Schneetreiben die ersehnte Hütte. Einladend thront die Hütte am Winnebachsee und verwöhnte uns am Abend mit Tiroler Hausmannskost und schnell waren die Strapazen vergessen.







Bis spät abends schüttelte Frau Holle die "Federn" auf uns herab, doch beim Zubettgehen, war es bereits sternklar und eisig kalt. Frühmorgens bestätigte sich die Vorahnung und ein perfekter Skitag stand bevor. Flott machten wir uns startbereit und zogen mit den Ersten die Spuren in den frischen Schnee. Die wenigen Tourengeher verliefen sich schon bald und so mussten wir die Spur Richtung Zwieselbachjoch ziehen. Das coupierte Gelände macht es Einem nicht leicht, selbst das GPS half manchmal wenig, da alles sehr kleinräumig und unüberschaubar  ist.
im Winnebachkar

wie eisig es im Winnebachkar war, mussten wir hier erfahren, ein Fall für die Harscheisen
Insgesamt rechts hielten wir uns auf das Zwiselbachjoch zu, um kurz vorher den Breiten Grieskogel anzusteuern. Schon beim langen Anstieg rätselten wir, welcher Gipfel es wohl sei. Der, der von unten am höchsten erscheint, ist nämlich nur ein niedrigerer Ausläufer des Grieskogels. Wir hielten uns mittig im Bereich von Mulden und langsam ging uns ein Licht auf, wie der steile Anstieg am Besten zu machen sei.
Mitte rechts der Breite Grieskogel, am linken Fels die Aufstiegsroute
Nachdem man den von rechts kommenden Gletscherhang passiert hat, hält man sich links am flacheren Hang in der Nähe der Felsen. Kurz zuvor überholten uns drei Tiroler Jungspunde und drückten aufs Gas. Wir folgten ihrer Spur und kamen im Steilhang höher. Kalter Wind pfiff über die Kante und verfrachtete Schnee. Immer tiefer wurde der frische Triebschnee und so entschieden wir uns so kurz vorm Ziel abzubrechen. Gerade hier in der Aufstiegsroute neben dem Kamm lag ein halber Meter Schnee. Rechts von uns war zwar weniger Schnee abgelagert, aber zum Teil das blanke Gletschereis zu sehen. Wir versuchten uns nicht zu ärgern, genossen dann die allerersten Spuren in der Abfahrt zurück zum Joch zu ziehen.
das Zwiselbachjoch von Norden
 Auf der anderen Seite des Jochs war es bedeutend windärmer und wir entschlossen uns, während einer kalorienreichen Pause, diesen Hang öfter abzufahren. So flochten wir immer mehr "Zöpfe" in den nahezu unberührten Hang. "Wow" schrien wir uns zu in dem herrlichen fluffigen Neuschnee, ideal geneigt, um die Schwünge geniessen zu können.
Doch irgendwann geht alles vorüber und wir hatten noch ein ganzes Stück das flache Tal hinaus zu rutschen. Manchmal ging es zügig, manchmal nur mit Schieben, stollten doch unsere Ski im tauenden Schnee der tiefen Lagen. Doch da kam die Schweinfurter Hütte ins Bild und zufrieden vom tollen Skitag quartierten wir uns ein.
Am nächsten Morgen, wieder ein brutal schöner Sonnentag, suchten wir nordöstlich der Hütte nach dem ungefährlichsten Aufstieg. Spuren waren kaum zu erkennen im steilen Hang und apere Stellen wechselten sich mit vereisten ab. Doch hat man den ersten Hang hinter sich, neigt sich das Gelände zurück und rechts auf einer Art Moräne haltend kommt man gut voran. Immer wieder lässt man sich täuschen und meint, man müßte gleich wieder zwischenabsteigen, doch man wird eines Besseren belehrt und es geht wunderbar weiter. Ein riesiger Talkessel öffnet sich und wir ziehen die allererste Spur in den Schnee.
im Weiten Kar, der flache Schneehang Mitte links zieht zur Kraspesspitze
Schwitzend in der prallen Sonne mühen wir uns das ganze Talbecken hinter und folgen einem Einheimischen, der rasant an uns vorbeigezogen war. Zum Gipfel der Kraspesspitze führt ein steiler Hang, der nur bei sicheren Verhältnissen angegangen werden kann. Den steilsten Stellen ausweichend, kommt man rechts an einer Scharte an, von der man 100 Meter zu Fuß aufsteigen muss. Am Gipfel werden wir mit einer Wahnsinnsaussicht belohnt.
Ausblick von der Kraspesspitze auf die Finstertaler Scharte, Mitte
Berauscht von der Aussicht fuhren wir im aufgefirnten Schnee um die Felsausläufer 200 Höhenmeter tiefer  herum und stiegen sogleich auf die Finstertaler Scharte auf. Vom Gipfel bekam man schon einen Eindruck, wie steil die Einfahrt auf der anderen Seite war. Mit einem mulmigen Gefühl quert man dort 200 Meter im Steilstgelände, um auf die weitere bombenmäßige Abfahrt zu gelangen. Hat man das hinter sich, reiht sich eine grandiose Abfahrt an die Andere.
Man hat das Gefühl die Abfahrten enden nie, schwingt und schwingt, lässts krachen und erst nach ewiger Zeit kommt man am Finstertaler Stausee zum Stehen. Wir klatschen uns ab und freuen uns über die gelungene Tour. Zum Schluss gingen wir am Stausee entlang und fuhren abschließend ins Skigebiet Kühtai ab. Eine fordernde, empfehlenswerte Runde, die aber gute Lawinenkenntnisse erfordert.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen