Freitag, 14. Juli 2017

durch das wilde Murmeltierland am Karnischen Höhenweg, Teil 1

der Seekopf am Wolayersee
Aufmerksam auf den Karnischen Höhenweg sind wir durch ansprechende Berichte im Fernsehen und verschiedene Buchbeiträgen in Wanderführern geworden.
 Raue, einsame Natur, Wildtiere und aussergewöhnliche Pflanzen soll es dort geben. Noch dazu kann man den KHW (Karnischen Höhenweg) als Verlängerung des Friedenswegs sehen, denn auch hier wurde im ersten Weltkrieg erbittert gekämpft. Diesem Umstand haben wir es zu verdanken, dass gut begehbare Wege in steilen Flanken und am ausgesetzten Kamm der Karnischen Alpen verlaufen. Insgesamt ist er gut zu gehen, wartet nur mit wenigen anspruchsvolleren Stellen auf.
Und so machten wir uns voller Vorfreude in Sexten- Moos auf und 

schulterten die Rucksäcke.
 Offiziell geht er von der anderen, nördlichen Seite bei Arnbach oder Sillian los, wir hingegen schwitzten am Weg 3A nach oben- ebenfalls ein schöner Pfad. Schon bald hat man eine herrliche Sicht auf die Sextener Dolomiten mit seinen weltberühmten Gipfeln.
Sextener Dolomiten mit Werk Mitterberg
Am Werk Mitterberg vorbei, das im Weltkrieg wegen Veralterung aufgelassen wurde, zieht sich der Weg durch schöne Lärchenwälder nach oben. Man kommt höher und höher, genießt die Aussicht und erblickt das alte Helmhaus und weit im Osten die Sillianer Hütte. Es dauert noch einige Zeit und man steht am Helmgipfel und lässt den Blick schweifen: Dolomiten, Kronplatz, Zillertaler Alpen, Grossvenediger und Grossglockner heissen diese Monumente aus Stein. Noch eine halbe Stunde  geht es fast eben zur Hütte hinüber. 1000 Höhenmeter hat man dann in den Knochen und die leckere Brotzeit an der Hütte hat man sich verdient. 


vom Weg 3 A zum alten,verlassenen Helmhaus
Unausgeruht schlappen wir anderntags aus der Sillianer Hütte, gedanklich bei den Schnarchern im Schlafsaal, die ab heute wahrscheinlich jede Nacht mit uns in den Schlaflagern nächtigen werden. Locker geht es nahezu eben los, oftmals gibt es mehrere Varianten und man passiert die ersten Hügel, das Hornischegg und die Hollbrucker Spitze. Meistens kann man am Kamm über die Gipfel gehen oder etwas leichter untenrum.
 Stramm läuft eine schon in der Hütte auffällige Gruppe älterer Wiener Damen und einem Herrn an uns vorbei. Ihre Drahtigkeit und das Auftreten der Alpenvereinsführerin stechen ins Auge.
Nach der gestrigen Hitze zieht kurz vor dem Demut das erste Gewitter mit Grollen heran, schnell steigen wir in tieferes Gelände ab und warten an einer alten Stellung ab.
Unterkunftsreste aus dem Krieg
Kaum hat sich das leichte Gewitter verzogen, beeilten wir uns, den Demut anzugehen. Alsbald folgen die Schöntalhöhe und der Eisenreich- allesamt spannend zu gehende Gipfel, die schon etwas Geschick brauchen, um sie zu erklimmen.

 Abwechslungsreich windet sich der Weg um die Felsen der Gipfel, mal links mal rechts und ab und zu muss man auch die Hände hinzunehmen. Manche Stellen sind ein wenig ausgesetzt, aber nie zu stark und zwischendurch kann man die herrliche Aussicht geniessen.
Steigt man vom Eisenreich ab sieht man schon die Obstanzerseehütte 300 Höhenmeter unter sich liegen und die Pfannspitze, die sich dahinter aufbaut. Je nach Gusto kann man die Runde über die Cima Frugnoni noch mitnehmen oder direkt zur Hütte absteigen.
Obstanzersee mit Hütte links davon, Mitte rechts die Pfannspitze; senkrecht über der Hütte das Roßkopftörl
Endlich in der Hütte, geniessen wir einen Kaiserschmarrn, beobachten die Wiener Gruppe, die anscheinend doch nicht so homogen ist, denn es gibt Diskussionen über den Ablauf der Tour. Die beiden chaotisch- lustig wirkenden Wirtsbrüder erheitern alle Gäste und vermieten sogar Tretboote am See. Egal was man tut- hier kann man nach Herzen die Seele baumeln lassen.
Frühmorgens stiegen wir los Richtung Roßkopftörl- viele gehen auch über die Pfannspitze- doch laut Wirt soll dort zu unserer Zeit noch ein Schneefeld gelegen sein. Nach einer dreiviertel Stunde ist man am Sattel und hat einen bezaubernden Blick ins Erschbaumer Tal.
das Erschbaumer Tal, man steigt weit ab, um bei der Tscharrhütte den von rechts kommenden Gratausläufer zu umgehen
Das einsame Tal hat viel Grün mit allerlei seltenen Pflanzen zu bieten, man steigt weit hinab (450Hm), um bei dem Biwak Tscharrhütte nach Süden einzubiegen und den wuchtigen Kinigat mit seinem schwierigen Klettersteig zu erblicken. Wie Ameisen wirken die Kletterer, die sich in der prallen Sonne die 600 Höhenmeter emporarbeiten. Unser Pfad führte uns direkt zur Filmoorscharte und seinem relativ kurzen Weg zur Filmoor- Standschützenhütte. Der Weg über den Hintersattel und seinem Höhenverlust, wie in manchem Führern angegeben, erscheint mir umständlicher.
in der Tscharre
 
kurz vor dem Filmoor- sattel, hinten die Königswand
Durstig erreichten wir die Standschützenhütte, die wenig Schlafplätze vorhält, keinen Strom hat, aber  mit viel Individualismus geführt wird. In bezaubernder Lage liegt sie zu Füssen des Kinigat und das brunnengekühlte Radler schmeckt doppelt gut.

die Filmoor- Standschützenhütte
Frisch gestärkt steigen wir zu den Stuckenseen durch ein liebliches Moorgebiet ab und erfreuen uns der Sumpfdotterblumen und des Wollgrases. 
die Stuckenseen und rechts der Heretriegel
Doch nun steht nochmals ein Anstieg bevor, der bei Hitze nochmal fordert: 
der Heretriegel muss ganz links an seiner schwächsten Stelle überschritten werden. Erst dann erblickt man die Tilliacher Alm, die Porzehütte und die mächtige Porze. Man muss man durch zwei Becken queren, eine kurze drahtseilgesicherte Stelle im Steilgelände absolvieren und imposant unter einem, hier im alpinen Gelände fehl am Platz wirkendem Hochspannungsmasten hindurch. Doch hat man das hinter sich, läuft man durch Schuttreisen quer zum Hang flach zur Porzehütte hinüber.
Auf der schönen Terrasse der top- modernen Hütte lässt es sich bequem bei Kaffee und Kuchen rasten. Bei dieser Hütte war der Militärhistoriker Professor Schaumann an der Erstellung beteiligt, der vielerorts an Freilicht- Weltkriegsmuseen mitgearbeitet hat.
unten halb rechts die Porzehütte, rechts Tilliacher Joch und Bärenbadeck rechts
Ein Mast vor der Porzescharte
Wie wir da so beim Kaffee sitzen und die imposanten Gipfel betrachten, wird meine Aufmerksamkeit durch eine kräftige Männerstimme erregt: Detailliert beschreibt dieser hochgewachsene, eloquente Mann einen nahezu unglaublichen Vorfall hier ganz in der Nähe. Woher wusste dieser Mann bis ins kleinste Detail, wie sich in den 60er Jahren die Sprengung des Hochspannungsmasten weit oben an der 2500 Meter hoch  gelegenen Porzescharte ablief? Dabei sollen nach italienischen Angaben 4 Soldaten ums Leben gekommen sein, doch der Erzählende hat unglaubliche Widersprüche entdeckt, die bis heute von Italien nicht anerkannt worden sind. Nach und nach klärt sich, dass der Herr Militärhistoriker ist und ein Buch verfasst hat, um die haarsträubenden Verwirrungen zu klären:
Speckners Buch" Der Vorfall an der Porzescharte"

Passiert ist dies in den 60er Jahren, als Südtirol mehr Freiheit  und den Repressalien des italienischen Staats entkommen wollte. Dabei wurden mehrere Masten gesprengt, doch Minensprengungen, wie sie hier angeblich passiert  seien, wurden an Strommasten nie verlegt. Herr Speckner deckt auf, dass die mutmasslichen Attentäter, die in Italien wirklich verurteilt wurden, angeblich in einer knappen halben Stunde drei Minen vergraben  und acht Sprengladungen am Mast in zwei Meter Höhe befestigt hätten, was so nicht stattgefunden haben kann. Die Verletzungen der Opfer,  die Zeitabläufe, das Bekennerschreiben, die Fotos, die Orte, die Art der Minen bis hin zu den Liegestellen der Opfer sind falsch oder physikalisch unmöglich. Wären die Opfer wirklich 50 Meter weit geschleudert worden, wären sie völlig zerfetzt und hätten im Schneefeld Spuren hinterlassen.....

Es war ein interessanter Abend mit Herrn Speckner und Anderen, die zufällig an der Hütte waren, denn am nächsten Morgen fand die 50- jährige Gedenkfeier des "Attentats" statt.

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